Einleitung
Quick Wins sind langfristig wertlos und trotzdem unverzichtbar.
Das klingt widersprüchlich. Aber genau das ist eine der wichtigsten Lessons Learned aus über 20 Jahren Kundenprojekten im deutschen Mittelstand: Wer nur auf schnelle Erfolge setzt, täuscht sich selbst. Und wer nur an die großen Fundament-Änderungen denkt, verliert die Menschen.
Während Wettbewerber international massiv in KI und Automatisierung investieren, droht der deutsche Mittelstand erneut ins Hintertreffen zu geraten: Laut einer Bitkom-Studie zur Digitalisierung der deutschen Wirtschaft von 2024 schätzen sich knapp zwei Drittel der Unternehmen als Nachzügler ein. Daran wird sich wenig ändern – es sei denn, Quick Wins und strukturelle Transformation werden endlich gemeinsam gedacht.
Erfolgreiche digitale Transformation gelingt nur dann, wenn beides zusammengedacht und parallel umgesetzt wird. Was ich in meinen Projekterfahrungen mit KMUs immer wieder erlebe: Unternehmen unterschätzen entweder die Bedeutung der Quick Wins, oder sie verschieben die digitale Foundation auf irgendwann. Beides ist fatal.
Die wahre Bedeutung von Quick Wins als Treiber der Digitalisierung
Fangen wir mit den Quick Wins an: Unternehmen lieben sie. Und die Geschäftsführungen in KMUs und Mittelstand noch mehr.
Verlockende Einsatzgebiete etwa für KI in Unternehmen gibt es viele, wie wir in dem Praxisbeitrag „KI-Einsatzgebiete: Diese 5 Use Cases lohnen sich“ aufgeschrieben haben. Ein Proof-of-Concept hier, ein neuer KI-Chatbot oder ein neues BI-Dashboard dort: sichtbar, greifbar, kommunizierbar. Fortschritte, die man schnell vorzeigen kann.
Vor- und Nachteile von Quick Wins für die digitale Transformation
Das Problem: Nach ein paar Monaten landen viele Quick Wins wieder im Papierkorb. Sie sind selten nachhaltig, oft nicht skalierbar und kratzen nur an der Oberfläche der eigentlichen Probleme.
Quick Wins schaffen messbare Effizienzsteigerungen, doch ohne belastbare Foundation lassen sich diese Erfolge nicht skalieren oder finanziell ausschöpfen.
Und trotzdem sind sie unverzichtbar. Warum? Weil Quick Wins die Menschen mitnehmen und damit ein zentraler Treiber erfolgreicher Digitalisierung sind. Mitarbeitende sehen Fortschritte, erleben Veränderung und spüren, dass sich etwas bewegt.
Quick Wins haben eine enorme psychologische Wirkung: Mitarbeitende sehen, dass etwas passiert. Sie erleben unmittelbar, dass sich Dinge bewegen. Das motiviert und schafft das nötige Momentum, um Veränderung in Gang zu bringen. Gerade für langfristige Transformationen geben Quick Wins laut einer Analyse von PwC Strategy (2023) den Teams frühe Erfolgsmomente, die für Momentum und Engagement sorgen.
Praxisbeispiel aus der Energiebranche
In einem Projekt mit einem Kunden aus der Energiebranche haben wir ein KI-gestütztes Automatisierungstool eingeführt, das im Tagesgeschäft sofort Entlastung brachte. Das Team war begeistert: endlich ein sichtbarer Fortschritt! Aber schon nach kurzer Zeit wurde klar: Ohne saubere Datenqualität und eine vernünftige Prozessintegration wäre der Nutzen begrenzt geblieben. Der Quick Win war wichtig, aber nur als Türöffner für die eigentliche Arbeit.
Die Realität echter Transformation im deutschen Mittelstand
Die wahre digitale Transformation passiert in den Fundamenten.
Bedeutung von Foundation für die Digitalisierung
Foundation bedeutet:
- Dateisilos abbauen
- Schnittstellen schaffen
- Tech-Stacks modernisieren
- fehlende Strukturen und Kompetenzen aufbauen
Kurz: all das nachholen, was in vielen Unternehmen des deutschen Mittelstands zehn Jahre lang verschlafen wurde.
Die Realität ist: In unzähligen IT-Abteilungen fehlt es bis heute am Reifegrad. Laut dem Deloitte Digital Maturity Index 2025 hat sich der digitale Reifegrad deutscher Unternehmen in den letzten sechs Jahren nur langsam erhöht; die Mehrheit befindet sich noch in der Pilot- oder Konzeptphase.
Systeme sind überaltert, Prozesse nicht digital gedacht, Schnittstellen fehlen. Der Wille zur Veränderung wurde zu lange hinausgeschoben. Foundation heißt: aufzuräumen, zu erneuern, nachzuholen – und zwar gründlich.
Das ist anstrengend, oft schmerzhaft und führt zwangsläufig durchs Tal der Tränen. Aber genau hier wird die Basis für echte Zukunftsfähigkeit gelegt.
Praxisbeispiel aus der Finanz-/Steuerbranche
In einem Projekt zur Modernisierung eines jahrzehntelang gewachsenen Kernsystems konnten erste Refactorings den Code kurzfristig stabiler machen. Das war ein Quick Win: spürbar, aber begrenzt. Die wirkliche Transformation kam erst mit der neuen Architektur und einer durchdachten Schnittstellen-Strategie. Sie schufen eine Plattform, die nicht nur heute funktioniert, sondern auch in fünf oder zehn Jahren noch tragfähig ist.
Warum Quick Wins und digitale Foundation zusammengehören
Quick Wins ohne Foundation sind Strohfeuer. Sie blenden kurzfristig, aber sie tragen nicht. Digitale Fundamente ohne Quick Wins sind genauso gefährlich. Dann fehlt den Menschen das sichtbare Zeichen, dass sich etwas tut, und die digitale Transformation scheitert am Widerstand der eigenen Belegschaft.
Wie wichtig es ist, Mitarbeitende für systemische Veränderungen zu gewinnen, zeigt ein weiteres Beispiel aus der Praxis der Energiebranche: Das Projekt mit Stromnetz Berlin GmbH, bei dem Assecor eine globale Office-Cloudlösung einführte und Kolleg:innen mit höchst unterschiedlichem Wissensstand für den Wechsel gewinnen sollte, führte zu einer messbar höheren Akzeptanz des digitalen Wandels innerhalb der Belegschaft – während gleichzeitig systemische Hürden sukzessive abgebaut wurden.
Die Lösung ist deshalb nicht "Quick Wins oder Foundation", sondern immer "Quick Wins und Foundation". Quick Wins geben Energie und ziehen die Menschen mit. Eine starke digitale Basis sorgt dafür, dass diese Energie nicht verpufft, sondern in eine belastbare Struktur übergeht.
Oder anders gesagt: Quick Wins sind der Funken. Foundation ist das Lagerfeuer.
Lessons Learned aus Kundenprojekten in KMUs
Was ich in zahlreichen Projekten im deutschen Mittelstand gelernt habe:
- Quick Wins sind wichtig. Auch wenn sie oft nicht bleiben. Denn sie geben Teams das Gefühl: Wir sind Teil der Veränderung.
- Foundation ist zwingend. Sie macht Unternehmen zukunftsfähig, skalierbar und resilient.
- Nur im Zusammenspiel entsteht Transformation. Kurzfristige Erfolge, die motivieren, und langfristige Änderungen, die das Unternehmen wirklich nach vorne bringen.
Fazit: Digitalisierung braucht beides
Für den deutschen Mittelstand ist digitale Transformation nichts, das allein im Sprint gelingt, und auch nicht als Big Bang. Sie ist ein Zusammenspiel aus kleinen Erfolgen, die motivieren, und großen Veränderungen, die tragen.
Als CEO eines Digitalisierungsunternehmens sehe ich täglich, wie schwer es für Entscheider:innen ist, diese Balance zu halten, und wie entscheidend sie für den Erfolg der Digitalisierung ist.
Mein Appell an Entscheider:innen im deutschen Mittelstand:
Planen Sie zweigleisig. Holen Sie sich die Quick Wins, um Ihr Team mitzunehmen. Starten Sie mit einem Quick-Win-Projekt, das zugleich strukturelle Voraussetzungen adressiert – z. B. Datenqualität und Schnittstellen. Investieren Sie gleichzeitig in das Fundament, um Ihr Unternehmen für die nächsten zehn Jahre aufzustellen. Nur beides zusammen schafft echte Transformation und macht Digitalisierung zum Erfolgsfaktor.
FAQ: digitale Transformation und Quick Wins
Warum reichen Quick Wins in der Digitalisierung nicht aus?
Quick Wins schaffen Motivation und sichtbare Fortschritte, doch ohne stabile digitale Foundation sind sie nur kurzfristige Erfolge. Damit die digitale Transformation im deutschen Mittelstand nachhaltig wirkt, müssen Quick Wins in eine langfristige Strategie eingebettet werden.
Wie können Entscheider:innen im Mittelstand Quick Wins sinnvoll einsetzen?
Quick Wins sind Türöffner für die Digitalisierung. Entscheider:innen sollten kleine, schnell sichtbare Projekte starten, die Teams begeistern und Vertrauen schaffen. Entscheidend ist, diese Erfolge konsequent mit dem Aufbau einer digitalen Foundation zu verknüpfen, damit echte Transformation entsteht.
Was gehört zu einer soliden digitalen Foundation im deutschen Mittelstand?
Eine starke Foundation umfasst moderne IT-Architekturen, den Abbau von Datensilos, klare Schnittstellenstrategien und digitale Kompetenzen. Nur wenn diese Grundlagen geschaffen werden, lassen sich Quick Wins verstetigen und die digitale Transformation skalierbar gestalten.
Wie gelingt digitale Transformation im deutschen Mittelstand am besten?
Erfolgreiche digitale Transformation entsteht aus der Balance: Quick Wins geben Teams Energie, Foundation schafft Zukunftsfähigkeit. Mittelständische Unternehmen sollten zweigleisig planen, um Motivation im Alltag und nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit gleichermaßen zu sichern.




